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Weibliche Rollen im Kinder- und Jugendtheater |
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Vorstellungen. Weibliche Rollen im Kinder- und Jugendtheater - Begleitprogramm zur Ausstellung![]() Spielszene zur Eröffnung Foto: TPZ Lingen / Ems |
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Einführung zur Eröffnung der Ausstellung am 2. September 2000, 18.00 Uhr, im Foyer des Theaters an der Wilhelmshöhe in Lingen / Ems von Bruni Müllner, Theaterpädagogisches Zentrum Lingen / Ems Brauchen wir eine Ausstellung, die sich explizit mit Rollen - mit weiblichen Rollen - im Kinder- und Jugendtheater auseinandersetzt? "In Abenteuerromanen kommen die Jungen in der Welt herum, fahren als Matrosen auf Schiffen, nähren sich im Dschungel von den Früchten des Brotfruchtbaums. Alle wichtigen Ereignisse kommen durch Männer." Das kritisiert schon Simone de Beauvoir. Leider hat sich daran bis heute nicht sehr viel geändert. Wo sind die Heldinnen, mit denen sich Mädchen identifizieren können? Sollen? Dürfen? "Kinder brauchen Mädchen! Keine Abziehbilder, keine (Barbie)puppen, keine kleinen Hausmütterchen, Prinzeßchen oder makellose Ausnahmen. Sondern Mädchen. Die schon als Baby ein gleichwertiges Geschlecht haben, und es dann als Frau nich in Form von heruntergezogenen Mundwinkeln oder Furchen im Gesicht stehen haben. Sondern Frau sind, Mädchen sind, Menschin sind. Sichtbar. Lässig. Frei. Einfach so." (Lilly Axster, Ausstellungskatalog S. 11) Ein kritischer Ansatz also. Es wird kritisch angemerkt, daß Frauen weitgehend das Kinder- und Jugendtheater in Deutschland organisieren, aber Männer als Schauspieler, Regisseure und Theaterleiter die Entwicklung dieses Kulturbereichs bestimmen. Warum auch sollte es im Theaterbereich anders sein als in der übrigen Gesellschaft? "Ausgestattet mit einem Erfahrungsvorsprung durch das eigene Theaterspiel werden den Mädchen im Publikum durch das Repertoire der Stücke und die Inszenierungsweisen auf der Bühne häufig Männerwelten vorgeführt. Während die Mädchen sich in Kindheit und Jugend intensiv über das eigene Theaterspiel qualifizieren, landen sie bei einer Entscheidung für das professionelle Theater im Berufsleben vorwiegend in der zweiten Reihe. Umgekehrt haben die wenigen Jungen mit eigener Theatererfahrung beste Chancen, im Kinder- und Jugendtheater leitende Funktionen zu erreichen." (Jürgen Kirschner, Ausstellungskatalog, S. 5) Wird hier einmal mehr das Lied von den armen benachteiligten Frauen angestimmt? Mitnichten. In der Ausstellung werden drei Bereiche repräsentiert: die Macherinnen, das Gezeigte, die Zuschauerinnen. 1. Die Macherinnen: Schauspielerin, Tänzerin, Choreographin, Dramaturgin, Regisseurin, Autorin, Theaterpädagogin, Maskenbildnerin etc. Was bewegt sie, Theater zu machen? Warum Theater für Kinder? Welche Träume, welche Hoffnungen haben sie? Was wollen sie erreichen? Gibt es eine typisch weibliche Handschrift? "Man muß weggehen können / und doch sein wie ein Baum: / als bliebe die Wurzel im Boden, / als zöge die Landschaft und wir ständen fest." (Hilde Domin, Ausstellungskatalog, S. 36) Die Ausstellungsmacher zeigen uns die starken Frauen, interessante Persönlichkeiten, lebendige Menschen, kritisch und lebensfroh, voller Zweifel und Zuversicht. "Raus aus dem Theater, raus an die frische Luft. Raus aus der Fiktion vorgestellten Lebens, raus an die wirkliche, wirkliche Wirklichkeit. (Katrin Lange, Theaterwissenschaftlerin und freie Autorin, im Ausstellungskatalog, S. 21) 2. Das Gezeigte: Wo im gegenwärtigen Kindertheater gibt es Stücke, die eingefahrene Rollenmuster aufbrechen, die ungewöhnliche, mutige, starke, kluge Mädchen zeigen? Kein Superweib, sondern lebensechte Mädchen. An denen frau sich orientieren kann. Die Vorbild sein können. Es gibt sie: Und das zeigt uns die Ausstellung. Es gibt Szenenfotos aus bekannten und unbekannten Stücken. Aus realistischen, poetischen, absurden Stücken. Ich habe zwei Beispiele ausgesucht, um zu demonstrieren wie so eine Mädchenrolle aussehen kann. Erstes Beispiel: 'Ab heute heißt du Sara' von Volker Ludwig und Detlef Michel vom GRIPS Theater in Berlin, mit 'Mensch Mädchen!' auch Vorreiter in Sachen Mädchen'emanzipation'. Das Stück erzählt die Geschichte von Inge Deutschkron, die sich als Jüdin mit ihrer Mutter mehr oder weniger heil, jedenfalls lebend, durchs 'Dritte Reich' bringt. Es werden in kleinen Szenen verschiedene Lebensstationen vorgestellt. 1935. Inge ist jetzt dreizehn. Szene, wie Inge zwei Hitlerjungen zur Schnecke macht, die ein jüdisches Mädchen belästigen. Zweites Beispiel: 'Das Mädchen Kiesel und der Hund' von Katrin Lange, ein poetisches Märchen nach Motiven der Inuit. Eine Eskimofrau und ein Eskimomann bekommen ein Kind. Es ist eine Tochter, wie sie es sich beide gewünscht haben. Denn ein Sohn nimmt sich eine Frau und verläßt die Eltern. Eine Tochter bringt einen Schwiegersohn ins Haus, der dem Vater - wenn er alt und gebrechlich wird - bei der Jagd hilft. Szene, in welcher Vater und Mutter ihre Tochter auf der Welt willkommen heißen. 3. Die Zuschauerinnen: Mädchen gehen eher ins Theater und Mädchen spielen auch eher selber Theater, wie wir auch aus unserer praktischen Arbeit wissen. "Josephine, 15 Jahre: Wenn ich im Theater bin, komme ich mit einem Gefühl wieder raus, und das ist entscheidend. (...) Theater gefällt mir dann nicht, wenn alles in so unheimlich interessanten Rätseln dargestellt ist, die ja doch keiner lösen kann. Ich möchte gerne hingucken und den Leuten abnehmen, was sie spielen, und am besten ist es, wenn ich vergesse, daß ich im Theater bin." (Ausstellungskatalog, S. 70) So viel zur Fotoausstellung, wie Sie sie hier sehen. Das ist aber nicht alles. Denn zum Ausstellungskonzept gehört auch ein Begleitprogramm: Erstens werden Multiplikatoren in die Ausstellung eingeführt (Workshops: Kirstin Hartung). Zweitens Theaterpädagogische Aktionen für jugendliche Ausstellungsbesucher. Drittens Vorstellung von Theaterstücken für Kinder und Jugendliche, die sich um ein differenziertes Frauen- und Mädchenbild bemühen, am Montag, 25. 09. durch Studentinnen und Studenten der Fachhochschule hier im Foyer. Zielpublikum sind LehrerInnen, TheatermacherInnen, KulturarbeiterInnen. Viertens Abschluß: Performance von verschiedensten weiblichen Rollenmustern im Rahmen des Regieprojekts der FH. Am 27. 09. ebenfalls 20.00 Uhr. Öffentliche Aufführung. Die Ausstellung ist ein Projekt des Kinder- und Jugendtheaterzentrums in der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt am Main (Konzeption: Dr. Jürgen Kirschner). Das Projekt ist Bestandteil des Modellprojektes 'Lernziel Lebenskunst' der Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung mit Fördermitteln für begleitende Workshops und Theateraktionen. Gefördert wurde es auch durch das Ministerium für Wissenschaft und Kunst des Landes Hessen und das Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt. Daß wir die Ausstellung zu uns nach Lingen holen konnten, verdanken wir einmal dem Land Niedersachsen, das die Kosten für die Ausstellungsgebühr übernommen hat, sowie der Frauenbeauftragten des Landkreises Emsland, Frau Leuchter, und insbesondere dem Kulturamt der Stadt Lingen. Ein besonderes Dankeschön geht an das Frauenbüro, das nicht nur finanziell, sondern mit Rat und Tat bei der Organisation geholfen hat und an die Unterstützung durch den AK Mädchen. Wie soll Theater für Kinder beschaffen sein? Ich hoffe, die Ausstellung gibt uns einige Denkanstöße. Überzeugen Sie sich selbst. |
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