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Gipfeltreffen im Doppelpack. Die deutschsprachige Theaterwelt schaut in diesen Tagen nach Berlin. Während am Freitagabend mit Lessings Emilia Galotti das 40. Theatertreffen eröffnet wurde, startete einen Tag später das 7. Kinder- und Jugendtheatertreffen.
Lessings Klassiker in einer Inszenierung von Andrea Breth, die nach ihrer Premiere 2002 am Wiener Burgtheater als Sensation der Saison gefeiert wurde, erntete nun auch in der deutschen Hauptstadt langen Applaus und Bravos. Es ist eine alte Geschichte: Prinz verliebt sich in bürgerliches Mädchen, und weil die Angebetete mit einem anderen verheiratet werden soll, lässt er sie entführen. Das endet tragisch. Der Vater tötet seine Tochter, die ihn bittet, weil sie um ihre Verführbarkeit weiß. Die Figuren kommen als Menschen von heute daher, die Sprache verliert alles Antiquierte, und den Verkettungen der Handlung ist zu folgen wie einem Tatort-Krimi.
Nach dem verheißungsvollen Start gastieren bis 18. Mai beim Jubiläumstheatertreffen in Berlin noch die anderen neun bemerkenswertesten Inszenierungen dieser Spielzeit. Drei Aufführungen kommen vom Thalia Theater Hamburg: Liebelei in der Regie von Michael Thalheimer, Nora (Stephan Kimmig) und zeit zu lieben zeit zu sterben, inszeniert von Armin Petras. Zürich ist mit Trauer muss Elektra tragen (Frank Castorf), Richard III. (Stefan Pucher) und Groundings (Christoph Marthaler) ebenfalls dreimal vertreten. Die Münchner Kammerspiele zeigen Orestie (Andreas Kriegenburg), die Schaubühne am Lehniner Platz Nora (Thomas Ostermeier), die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Der Meister und Margarita (Castorf).
Wenn unter dem Motto Augenblick mal! bis zum 8. Mai zudem Kinder- und Jugendtheaterinszenierungen aus ganz Deutschland zu sehen sind, dann ist die deutschsprachige Bühnen-Elite für die Großen wie für die Kleinen versammelt. Das Thalia Theater Halle eröffnete am Samstag mit dem Stück Schnitt ins Fleisch den Reigen von insgesamt 42 Vorstellungen. Neben zehn Bühnen aus dem gesamten Bundesgebiet reisen drei Ensembles aus St. Petersburg, Samara und Jekaterinburg an.
Sachsen ist mit zwei von zehn auserwählten Produktionen nicht schlecht vertreten. So zeigt das Dresdner Staatsschauspiel heute die brisante Produktion Klamms Krieg, und das Theater der Jungen Welt Leipzig stellt sich morgen mit der Inszenierung FETT FREI und FAST FREE vor. Von den fünf Theaterstandorten im Chemnitzer Regierungsbezirk findet sich allerdings nichts im Programm. Was freilich nicht heißt, dass es in unserer Region kein Theater für Kinder und Jugendliche gibt. Nicht allein, dass Chemnitz mit seinem Figuren- und Plauen-Zwickau mit eigenem Puppentheater Ensembles haben, die zwar nicht nur, aber doch vor allem Theater für Kinder und Jugendliche machen. Alle fünf Stadttheater haben immer wieder auch über die traditionellen Weihnachtsinszenierungen hinaus Stücke für Heranwachsende im Spielplan, wenn auch die Angebote in früheren Spielzeiten schon spannender und vielseitiger waren.
Immerhin, beim 6. Kinder- und Jugendtheatertreffen vor zwei Jahren war das Chemnitzer Figurentheater mit einer seiner Inszenierungen dabei. Die Freude darüber, dass man mit dem Stück Die Katze von Horst Hawemann nach Berlin fahren durfte, war groß und der Stolz nicht unberechtigt. Schließlich reist die Auswahljury im gesamten Bundesgebiet umher, um das Beste aus dem gegenwärtigen Theaterangebot für die Heranwachsenden zu erspähen. Und weil eine Jury, die in diesem Jahrgang aus drei Fachleuten bestand, verständlicherweise nicht überall vorbeischauen kann, haben die Theater die Möglichkeit, sich beim Kinder- und Jugendtheaterzentrum der Bundesrepublik, das das Treffen veranstaltet, um eine Teilnahme zu bewerben. Das aber hat nach eigenen Aussagen diesmal keine der hiesigen Bühnen getan. |
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