Laudatio für den ASSITEJ-Preis 1999, gehalten von Prof. Dr. Wolfgang Schneider (Vorsitzender der ASSITEJ Bundesrepublik Deutschland) am 27. April 1999 im Rahmen des Fünften Deutschen Kinder- und Jugendtheatertreffens in Berlin Der ASSITEJ-Preis für besondere Verdienste um das Kinder- und Jugendtheater in der Bundesrepublik Deutschland wird auch 1999 wieder mit drei Einzelwürdigungen verliehen. Dieser Preis, der in diesem Jahr bereits zum fünften Mal verliehen wird, kann eine langjährige künstlerisch innovative Arbeit für das Kinder- und Jugendtheater ehren, kann aber auch für die kulturpolitische Unterstützung und Förderung und für die wissenschaftliche oder publizistische Tätigkeit zum Nutzen des Kinder- und Jugendtheaters verliehen werden. Es ist uns wichtig, hiermit vor allem die langfristige und kontinuierliche Arbeit hervorzuheben. Das Kinder- und Jugendtheater in Deutschland blickt inzwischen auf eine 50jährige Geschichte zurück. Vor einigen Jahren wurde mit dem Theater der jungen Welt in Leipzig das älteste deutsche Kinder- und Jugendtheater 50, dieses Jubiläum feiert das Theater Junge Generation in diesem und das carrousel Theater an der Parkaue hier in Berlin im nächsten Jahr. Auch unser Verband, die ASSITEJ, kann auf mittlerweile 33 Jahre Arbeit für das Kinder- und Jugendtheater zurückblicken. Nun wissen wir alle, daß Theater nicht von Institutionen oder gar Verbänden gemacht werden, sondern von Menschen. Gerade im Kinder- und Jugendtheater sind dies oft Menschen, deren Engagement weit über die Ausübung ihres Berufes hinausgeht, denen es - gerade wenn sie über viele Jahre dem Kinder- und Jugendtheater treu geblieben sind - immer um die Sache ging und geht. Deshalb ist es mir als Vorsitzendem der deutschen ASSITEJ namens und im Auftrag der Jury, der ich zusammen mit Brigitte Dethier und Dr. Gerd Taube angehören durfte, eine große Freude, hier und heute Persönlichkeiten zu ehren und ihnen für ihr Engagement für die Sache des Kinder- und Jugendtheaters zu danken. Gleichzeitig möchten wir aber auch mit diesem Preis andere ermutigen, es ihnen nachzutun. Das Puppentheater, wie es im Osten unserer Republik genannt wird bzw. das Figurentheater, so heißt es im Westen und das Kinder- und Jugendtheater haben schon immer enge Beziehungen zueinander gepflegt. Im September 1991 haben wir die Beziehungen zwischen diesen beiden Gattungen zum Thema einer Tagung gemacht. Die Tagung und die daraus entstandene Publikation trugen den Titel "Figurentheater - das Theater für Kinder?" Seit dieser Tagung, an der auch der heute zu Ehrende teilnahm, hat es einen Austausch zwischen Figuren-/Puppentheater und Kindertheater in den unterschiedlichsten Formen gegeben. Sei es durch die maßgebliche Beteiligung von Puppentheatern an Kinder- und Jugendtheater Treffen, wie diesem hier in Berlin, oder durch Versuche von ausgewiesenen Kinder- und Jugendtheatern, Objekte und Figuren in ihre Inszenierungen zu integrieren und sich dabei natürlich den Rat derer zu holen, die dies können und gelernt haben. Studieren kann man das Puppenspiel zum Beispiel in der Abteilung Puppenspielkunst der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" hier in Berlin. Deine langjährige künstlerische Arbeit ist eng mit "Ernst Busch" verknüpft, lieber Prof. Lars Frank. Von dort bist du Mitte der 80er Jahre ans Theater Waidspeicher in Erfurt gegangen und hast mit dafür gesorgt, daß dieses Theater weltberühmt wurde. Gern erinnere ich mich daran wie begeisterte Kids aus der Vorstellung "Wer fürchtet sich vorm schwarzen Mann" beim Festival "One Theatre World" in Seattle kamen. Wie man hört, wird auch "Kannst Du pfeifen, Johanna" vom Puppentheater der Stadt Halle, wo du seit 1995 arbeitest, in diesem Sommer dort zu sehen sein. In Erfurt hast du außerdem jene wunderbare "Traumreise" mitgeschrieben, die Puppen mit gebaut und natürlich mitgespielt und manch anderes Stück. Und zur "Ernst Busch" bist du auch wieder zurückgekehrt und lehrst dort als Professor für Puppenspielkunst. Das Spielen, so hört man, willst du aber auch dort nicht lassen und läßt dich von deinen Absolventen selbst inszenieren. Struwwelpeter lautete der Titel der Inszenierung. Den ASSITEJ-Preis 1999 erhält Prof. Lars Frank für seine langjährige Arbeit im Bereich Puppentheater für Kinder am Theater Waidspeicher in Erfurt und am Puppentheater Halle und für seine Leistungen als Lehrer der Abteilung Puppenspielkunst der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch". Herzlichen Glückwunsch!! Kann man oder frau ein Vierteljahrhundert gutes Theater für Kinder machen, Theater das nicht nur Kinder sondern auch Erwachsene fasziniert, das sogar manchen sonst eher professionell kritischen Theaterkollegen begeistert? Ohne müde zu werden? Ohne, daß die Lust sich auf neue Formen, neue Regisseure, neue Texte einzulassen, schwindet? Ja und ich kenne zwei Menschen, die waren ihrer Zeit künstlerisch so manches Mal voraus, ohne je altklug zu werden. Sie sind neugierig und verstehen es, ihr Publikum neugierig zu machen. Sie erfanden 1979 das "Theater für Alle", als die meisten Kinder- und Jugendtheater sich vor allem nach Zielgruppen orientierten. Sie spielten und spielen Ionescos "Stühle" für Kinder, erzählten und erzählen die "Schildkrötenträume, zeigten uns "Hänschen Klein". Und sie sind hierzulande wahrlich keine Unbekannten. Ruth Oswalt und Gerd Imbsweiler sind das Theater Spilkischte, leben und arbeiten im Basler Vorstadt-Theater, wo man in die "Papageienjacke" schlüpfen kann, "König Jool der letzte" residiert, sie sich zum Fressen gern haben, "Aus der Früherheit" erzählen oder beim Mittagstheater ihre Gäste locken: "Mach auf den Mund, den Mund mach zu". Und da sie, ich erwähnte es schon, die Theaterkollegen ebenso zu begeistern verstehen, wie ihr junges Publikum, haben wir schon oft das große Vergnügen gehabt, sie bei uns in Deutschland zu sehen. Es soll aber auch Leute geben, die das Theater von Ruth Oswalt und Gerd Imbsweiler als Zumutung empfinden. Das habt ihr euch nicht bieten lassen und zu einem Symposium mit gleichem Titel eingeladen. Da ihr schon immer euren Blick über den Bühnenrand habt schweifen lassen, ladet ihr euch Wissenschaftler aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen (von der Philosophie bis zur Gentechnik) ein und laßt sie über Zumutungen nachdenken. Demnächst in Basel. Den ASSITEJ-Preis 1999 erhalten Ruth Oswalt und Gerd Imbsweiler für ihre langjährige künstlerisch innovative Theaterarbeit mit dem Theater Spilkischte, die durch Gastspiele und Einladungen zu Festivals und Treffen immer wieder auf die deutsche Kinder- und Jugendtheaterlandschaft ausstrahlte und ausstrahlt. Herzlichen Glückwunsch!! Dem Anspruch der Kinder auf professionelles, qualifiziertes Theater mehr gesellschaftliche Anerkennung, mehr Resonanz zu verschaffen, formuliert er als eine seiner Aufgaben als Geschäftsführer einer Institution, die die Instrumente dafür hat. Gutes Theater wird in einem außerordentlichen Rahmen präsentiert, einem Festival an vielen Orten in einem Bundesland, das eine reiche Kinder- und Jugendtheaterlandschaft hat und doch die Innovation von außen braucht und will. Dafür braucht man starke Partner! Die hat er gefunden und den Kinder- und Jugendtheatern dadurch in Deutschland eine einzigartige Möglichkeit geschaffen. Fördern was es schwer hat ist das Leitmotiv des Wuppertaler Kultursekretariats Nordrhein-Westfalen und seines Geschäftsführers Dr. Dietmar N. Schmidt. Und da liegt das Augenmerk nicht zuletzt auf dem Kinder- und Jugendtheater. Doch nicht nur die Idee für ein so herausragendes Festival wie "Traumspiele" mit dem Schwerpunkt Kindermusiktheater wurde dort geboren, sondern auch die für andere Bundesländer beispielhafte Reihe "Kindertheater des Monats". Hier wird - zum Verdruß mancher landeseigener Bühne - vor allem Freies Kindertheater kleineren und wenig finanzkräftigen Veranstaltern angeboten, die auf diese Weise ihren Zuschauern qualitätvolles Kindertheater zeigen können. Das sind konkrete kulturpolitische Schritte für mehr gesellschaftliche Anerkennung des professionellen, qualitätvollen Kinder- und Jugendtheaters. So eine Reihe ins Leben zu rufen ist sehr verdienstvoll, sie über viele Jahre mit qualitätvollem Theater zu füllen, entscheidend. Diese Arbeit ist im Kultursekretariat mit dem Namen Gerda Özer verbunden. Ihr möchten wir an dieser Srtelle herzlich für ihre Arbeit zum Nutzen des Kinder- und Jugendtheaters danken. Dazu gehört auch, daß wir - dank der Kooperation der "Traumspiele" mit dem ZDF - die drei preisgekrönten Inszenierungen im Fernsehen verfolgen können und den preisgekrönten Theatern die Möglichkeit zu professionellen Aufzeichnungen gegeben wird. Die Unterstützung des deutsch-niederländischen Kinder- und Jugendtheateraustausches in Nordrhein-Westfalen, die das Kultursekretariat auch in diesem Jahr wieder befördert, ist auch eine dieser Initiativen, die wir hier loben möchten. Beispielhaft ist auch die Studie Kinder- und Jugendtheater in NRW, die das Kultursekretariat in Auftrag gab, um das in Zahlen und Worte zu fassen und vor allem am konkreten Beispiel eines Bundeslandes zu überprüfen, was bei jeder kulturpolitischen Diskussion zum Kinder- und Jugendtheater behauptet wird. Den ASSITEJ-Preis 1999 erhält das Kultursekretariat Nordrhein-Westfalen in Wuppertal, vertreten durch seinen Geschäftsführer Dr. Dietmar N. Schmidt, für die langjährige kulturpolitische Förderung des Theaters für Kinder und Jugendliche, insbesondere durch das Festival Traumspiele und Projekte wie "Kinder- und Jugendtheater des Monats in Nordrhein-Westfalen", die über das Bundesland hinaus von großer Bedeutung für die deutsche Kinder- und Jugendtheaterlandschaft sind. Herzlichen Glückwunsch. |